Ein Plädoyer zum Weltfrauentag

Der Weltfrauentag ist schon über 100 Jahre alt. Seither hat sich viel getan. Und doch nicht genug. Frauen werden weltweit unterdrückt, gedemütigt, ausgebeutet. Dagegen sind wir in Deutschland schon so viel weitergekommen. Wir kämpfen in Deutschland auf hohem Niveau, keine Frage. Gleichzeitig ist auch dieser Kampf wichtig. Von echter Gleichberechtigung sind wir noch weit entfernt. Dabei würde uns Allen Gleichberechtigung guttun. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch echte Gleichberechtigung eine friedvollere Gesellschaft schaffen können.

Die traditionelle Rollenverteilung hat Hochkonjunktur

Die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie viel Weg noch vor uns liegt. Vor allem auch in unseren Köpfen. Die traditionellen Rollenprägungen haben uns eingeholt, ob Familie im Haus ist oder nicht. Während der Krise fingen Frauen „typisch weibliche“ Hobbies an: Backen, Nähen, Kochen. Während der Krise übernahmen Mütter weiterhin den Löwenanteil der Sorgearbeit, auch wenn der Vater ebenfalls im Homeoffice war.

Die neue Rolle der Frau

Junge Frauen sind heute gut ausgebildet, finanziell unabhängig und überzeugt davon, dass sie ihr Leben frei gestalten können. Bis sie ihr erstes Kind bekommen. Dann stellen sie fest, dass es mit der Gleichberechtigung doch nicht so weit her ist. Auf einmal kollidiert ihr eigenes Weltbild mit ihren Ansprüchen an sich mit denen der Gesellschaft an sie. Sie fangen an, sich zu zerreißen und bekommen es doch nicht so recht hin. Mütter Coaches bieten Achtsamkeitskurse an und helfen dabei, im Anspruchshagel nicht unter zu gehen. Die Mütter versuchen alles unter einen Hut zu bringen, kämpfen, scheitern teilweise. Aufgeben wollen sie dennoch nicht. Sie haben sich aufgemacht, einen eigenen Weg zu finden. Mütter definieren sich gerade neu.

Die Frauenrolle ist eng mit der Mutterrolle verknüpft

Die Mutter liebt ihr Kind. Darum ist sie bereit und gewillt auf alles andere zu verzichten. Das ist ein Glaubenssatz, der sich durch die Köpfe unserer Gesellschaft zieht. Bis 1977 stand im Gesetz, dass sich die Frauen um Haushalt und Kinder kümmern müssen. Nur wenn das funktionierte, durften sie auch arbeiten. Natürlich nur, wenn der Ehemann dem zustimmte. Unsere Eltern sind mit dieser Rollenverteilung noch groß geworden, haben sie wahrscheinlich übernommen und uns so großgezogen. Mama betreut die Kinder und macht den Haushalt, vielleicht verdient sie noch ein bisschen dazu.

Familie und Beruf – Frauen wollen beides

Heute steht das nicht mehr im Gesetz. Heute wollen Frauen Beruf und Familie ganz selbstverständlich vereinbaren. Erfolgreich sein und eine Familie haben. Heute wollen junge Frauen Teilhabe. Warum sollte man das eigene Leben und die eigenen Interessen für immer (oder zumindest die nächsten 18 Jahre) wegschließen, nur weil der eigene Körper in der Lage dazu ist, ein Kind zu gebären? Warum sollte das einzige Lebensziel einer Frau sein, Mutter zu werden?

Gleichberechtigt in den Kreißsaal, traditionell wieder raus

Wenn diese Frauen dann Kinder bekommen, kommt unsere Prägung durch. Unser Gehirn möchte Energie sparen und spult Programme ab. Kognitiv wollen wir das traditionelle Modell – sie kümmert sich / er schafft das Geld ran – nicht mehr. Trotzdem rutschen wir da rein. Mit Unzufriedenheit auf beiden Seiten. Auch die Männer, oder wie sie zurzeit genannt werden „die neuen Väter“ wollen nicht mehr nur der Feierabend/Wochenend-Papa sein. Auch sie wollen ihre Kinder erleben, präsent sein.

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Die Rolle der neuen Väter

Männer kommen gerade dahin, wo wir Frauen schon sind: die alte Rolle passt nicht und die neue haben sie noch nicht gefunden. Väter-Coaches bieten Programme an, damit sich die Väter definieren können. Es gibt Gesprächskreise für Väter, damit sie sich austauschen können, weil es an Rollenvorbildern fehlt. So wie Mütter versuchen Väter ihre von der Gesellschaft angedachte Rolle und ihre eigene zu vereinen. Auch Männer definieren sich gerade neu.

Geschlechterrollen adé

Lassen wir die alten Rollenbilder los. Es braucht neues Denken. Weg von Geschlechterrollen. Hin zu: was will ich und wie will ich mein Leben leben. Wenn ich als Mann mich dafür entscheide, Erzieher zu werden, in Teilzeit zu arbeiten und größtenteils für Haushalt und Kinder zuständig zu sein, soll das genauso in Ordnung sein, wie eine Frau, die keine Kinder möchte, aber verdammt noch mal ihren Konzern als CEO zu Millionengewinnen bringen will. Blau ist nicht männlich. Rosa ist nicht weiblich. Schön ist, was gefällt. Und das ist individuell.

Die Orientierung fehlt

Das Problem dabei: wenn wir es schaffen, die alten Muster aufzulösen, wird es eine anstrengende Übergangsphase geben. Es gibt wenig, woran wir uns orientieren können. Wir dürfen uns unsere Lebensrealität selbst erschaffen. Wir müssen es aber auch tun. Die alte Ordnung fällt weg. Wir befinden uns in undefiniertem Raum. Auf der Suche nach Orientierung schauen wir uns um, wie andere es machen. Machen sie es anders als wir, sind wir mindestens irritiert oder fangen an zu bashen.

Bedrohung durch Frauenquote

Männer fangen auch an zu bashen, weil sie sich bedroht fühlen und ihnen der Halt fehlt. Manche Männer fühlen sich durch die Frauenförderung und die Frauenquote fühlen bedroht. Sie bangen um ihren Status und das, was sie ausmacht. Sie fühlen sich durch ihr Geschlecht diskriminiert. Es gibt Männer, die es „unfair“ finden, dass Tampons und Binden in öffentlichen Toiletten kostenlos bereitgestellt werden. Männer haben Angst. Männer verlieren ihr Territorium. Männer verlieren ihren Halt und ihre Rolle.

Zeit für neues Denken

Lassen wir unsere Angst und Unsicherheit einfach los. Wir können als Gesellschaft nicht erfolgreich sein, wenn die Hälfte der Bevölkerung nicht mitmachen darf. Wir können als Gesellschaft wachsen, wenn wir uns frei von Geschlechterdenken machen. Wenn sich jeder Mensch sich darauf besinnt, was er wirklich, wirklich will. Dann profitieren wir alle davon.