Frau und Mann gucken sich ihre unterschiedlichen Verdienste an

Equal Pay Day – auf dem Weg zur finanziellen Gleichberechtigung

Es ist Mitte März. Die ersten zweieinhalb Monate des Jahres haben berufstätige Frauen kein Geld verdient. Kleiner Side Kick: Frauen, die nicht berufstätig sind und sich „nur“ um die Familie kümmern, verdienen das ganze Jahr kein Geld. Von Equal Pay sind wir also meilenweit entfernt.

Gleichberechtigungs-Monat

Ich merke gerade, wie ich zynisch werde. Im März ist neben dem heutigen Equal Pay Day auch noch Equal Care Day (1 März) und Weltfrauentag (8. März). An beiden Tagen habe ich je einen Blogartikel veröffentlicht, die den gleichen Tenor haben: Männer und Frauen sind nicht gleichberechtigt. Es gibt große strukturelle Probleme in Deutschland. Es gibt Stereotype in unseren Köpfen, die unser Handeln unbewusst beeinflussen.

Weniger Geld für Frauen

Durchschnittlich 19% weniger Lohn verdienen Frauen. Stell dir mal vor, Männer würden bei ihren Einkäufen immer die Mehrwertsteuer geschenkt bekommen…, das heißt, das gleiche Teil ist 19% günstiger, wenn der Mann es bezahlt. Das ist doch verrückt, oder? Der Hauptgrund für diese Lohnlücke ist, dass Frauen häufiger Berufe wählen, die schlechter bezahlt sind. Dazu arbeiten sie noch Teilzeit und sind auch weniger in Führungspositionen vertreten.

Das ist doch selbst gewählt

Meistens kommt ein Argument für den Grund der Ungleichheit wie: „Frauen sind selbst schuld. Sie sind frei in ihrer Entscheidung. Sie könnten ja was anderes machen. Oder Vollzeit arbeiten.“ Oder „Sie wollten die Kinder doch.“ Was ist eigentlich mit den Männern, die Kinder haben?… Warum nochmal haben sie kein Problem mit gutbezahlten Jobs? Achja. Ungleichheit. Denn selbst bei gleicher Qualifikation und gleichem Stundenumfang bekommen Frauen, einfach so, sechs Prozent weniger Lohn. Dass nennt sich dann bereinigte Lohn Lücke. Sauber finde ich das nicht.

Als Frau hast du bei einem Herzinfarkt ein Problem

Solange alte weiße Männer in der obersten Riege sitze und entscheiden, wird sich nichts ändern. Mal ein kleiner Sidekick, wie sehr uns das beeinflusst. Denk kurz darüber nach, welche Symptome du als Anzeichen für einen Herzinfarkt kennst… Fertig?

Stehende Brustschmerzen, die in den linken Arm strahlen, Unruhe, Kalter Schweiß. Das sind so die bekanntesten Symptome. Diese Symptome haben Frauen, die einen Herzinfarkt haben, häufig gar nicht. Zwei Drittel der Frauen mit Herzinfarkt ist übel, sie müssen sich erbrechen und haben Bauchschmerzen. Das kann verheerende Folgen haben, wenn man diese Symptome nicht richtig zuordnet. Und das nur, weil Männer an Männern geforscht haben.

Unsere Gesellschaft ist männlich geprägt

Frauen werden einfach zu wenig mitgedacht. Das kann man jeden Tag lesen, wenn man ein Jobportal öffnet und sich die Stellenbeschreibungen anschaut. Selbst diese sind männlich geprägt. Vokabeln wie „Durchsetzungsvermögen“ und „Verhandlungsgeschick“ (besser: Selbstbewusstsein und Wortgewandtheit) sind häufig zu finden. Das heißt nicht, dass Frauen diese Eigenschaft nicht haben. Sie fühlen sich nur nicht angesprochen. Als würdest du „Ute“ heißen und jemand sagt „Eva“ zu dir.

Rollenbilder halten sich hartnäckig in unseren Köpfen, auch in den weiblichen.

Solange wir das als Gesellschaft hinnehmen, wird bleiben, dass:

  • Frauen hauptsächlich für die Kindererziehung verantwortlich sind.
  • Frauen hauptsächlich in Teilzeit arbeiten.
  • Frauen sich nicht so viel aus Geld machen.
  • Mädchen vermeintlich schlechter in Mathe sind als Jungs
  • Jungs vermeintlich nicht so gut malen können wie Mädchen.
  • Nur wer 40+ h im Unternehmen präsent ist, Karriere machen kann.
  • Männer hauptsächlich anderen Männern zur Karriere verhelfen.
  • Kümmern nichts wert ist
  • und deswegen soziale Berufe unterbezahlt sind.
  • Nur wer (viel) Geld verdient, Ansehen genießt.

Gleichberechtigung für Veränderung

Das Motto des diesjährigen Equal Pay Days ist „Game Changer – mach dich stark für Equal Pay“. Ja, was wäre denn ein Game-Changer? Schon 2017 hat die Initiative Equal Pay Day eine Agenda für mehr Lohngerechtigkeit entworfen. Darin stehen Game Changer Vorschläge, die umgesetzt werden müssten, damit es zu mehr Lohngleichheit kommt. Unter anderem wurden diese Punkte erarbeitet:

Abschaffung des Ehegattensplittings 

Freibeträge für soziale Berufe und Ehrenamt einführen

Familie steuerlich bevorzugen und nicht Ehe

Können wir überhaupt was ändern?

Richtig bemerkt, die Liste ist noch aktuell. Am Game hat sich da gar nichts verändert. Daher müssen wir wohl die Spielart ändern. Wir dürfen nicht darauf hoffen, dass sich die Politik sich bewegt (vor allem nicht im Wahljahr). Jede:r einzelne ist gefordert!

Be the change you want to be in the world. Ghandi

Zugegeben. Ich alleine kann diese Ungerechtigkeit nicht beseitigen. Aber jede:r von uns kann etwas dazu beitragen. Ich alleine bin nur ein Tropfen. Zusammen sind wir ein Ozean!

Hier eine Liste der Anregungen:

Unseren Kindern gleich viel Taschengeld geben (Mädchen bekommen auch weniger Taschengeld als Jungs)

Für unsere Kinder Rollenvorbilder sein (Mama arbeitet – normal / Papa koch das Familienessen – auch normal).

Kinder nach Interessen fördern und nicht nach Geschlecht (Stichwort Mathe und Malen…)

Im Job dafür sorgen, dass nicht nur die Frauen die Spülmaschine ausräumen und die Geschenke für die Kolleg:innen organisieren

Dem Chef sagen, wenn man über/unterfordert ist

Mit dem eigenen Können hausieren gehen (nicht angeben, einfach sagen, was man kann).

Sich mit anderen Müttern nicht (nur) über die Kinder und deren Entwicklung austauschen.

Die männlichen Kollegen fragen, was sie verdienen.

Regelmäßig eine Gehaltserhöhung einfordern.

Stellenausschreibungen für Frauen attraktiv machen.

Sich auch auf männlich geprägte Stellenausschreibungen bewerben!

Frauen empfehlen.

Am Küchentisch die Care Arbeit verhandeln. (Hier gibt es die Vorlage dazu)

Was fällt dir noch ein? Ich würde die Liste gerne erweitern. Wir können jeden Tag ein bisschen dazu beitragen, dass sich unsere Gesellschaft verändert.

Den Equal Pay Day wird es noch eine Weile geben, genauso wie den Equal Care Day und den Weltfrauentag. Trotzdem, oder gerade deswegen, lasst uns anfangen. Wir sammeln die Tropfen. Irgendwann ist es eine Pfütze, dann ein See und zum Schluss wird es ein Ozean, in dem unsere Kinder freudig schwimmen und das tun können, was sie wirklich, wirklich wollen.